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Das Tempo aufrechterhalten

Drei Blickwinkel darauf, wie Nachhaltigkeit im Markt für medizinische Geräte erreicht wird

MARCH 2025
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Das Tempo aufrechterhalten

Zusammenfassung

  • Der Anspruch auf glaubwürdige Nachhaltigkeit und Umweltschutz ist in der Gesellschaft mittlerweile Mainstream und hat sich zu einem gemeinsamen Ziel für Unternehmen der Medizintechnik entwickelt
  • Allerdings besteht ein Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Recycling/Wiederverwendung und der Einwegkultur, die speziell zum Schutz von Patienten und medizinischem Personal entwickelt wurde
  • Trotzdem müssen nachhaltige Zielvorgaben eingeführt werden, um die enorme Menge an Abfall und Energieverbrauch, für die der Gesundheitssektor verantwortlich ist – deutlich mehr als die meisten anderen Branchen – zu reduzieren
  • In vielen Fällen zeigt sich, dass Nachhaltigkeitsinitiativen auch wirtschaftlich sinnvoll sind – sie sparen Kosten und verringern Emissionen
  • Nachhaltigkeitsprogramme in der Medizinbranche nehmen zu und umfassen drei Hauptbereiche, wie in diesem kurzen Beitrag dargestellt:
    • Recycling
    • Optimierung von Herstellungsprozessen
    • Nachhaltigkeit durch Design

Nachhaltigkeit wird zum Standard

Umweltbewusstsein und verantwortungsvolle Unternehmensführung werden rasant zu einer festen, unverzichtbaren Funktion innerhalb von Unternehmeni. Auch auf individueller Ebene stellen sich viele von uns die Frage, wie wir nachhaltiger einkaufen und bewusste Entscheidungen treffen können, um unseren Einfluss auf die Umwelt zu minimieren. Was vor zwanzig Jahren noch ein Randthema war, ist nun eine Selbstverständlichkeit.

Auch die Medizintechnik steht zunehmend unter dem Druck von Regulierungsbehörden, Krankenhaussystemen, Regierungen und Konsumenten, sich dieser neuen Realität anzupassen. Anpassung ist jedoch mit echten Kosten verbunden. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein, dass Unternehmen, die nicht proaktiv nachhaltiger agieren, das Risiko eingehen, den Zugang zu internationalen Märkten zu verlieren.

Spannungsfelder bei Medizinprodukten

Das grundlegende Spannungsfeld bei Medizinprodukten besteht im Verhältnis zwischen Nachhaltigkeit und Infektionsschutz – ein besonders aktuelles Thema, da die Welt sich allmählich aus der Pandemie herausbewegt. Zwar steht derzeit vor allem die Entsorgung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) im Mittelpunkt, doch ein Kommentator bemerkt, “wie die durch COVID-19 verursachten Störungen als Katalysator für kurzfristige und langfristige Veränderungen im Umgang mit Kunststoffabfällen weltweit dienen könnenii.” Wir alle wollen Abfall im Gesundheitssystem reduzieren; gleichzeitig erwarten wir während medizinischer Behandlungen größtmögliche Sicherheit. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für Prävention und die Kontrolle von Krankheiten liegt die Rate für im Krankenhaus erworbene Infektionen in den meisten Industrieländern zwischen 5 % und 8 % der Patienteniii. Das ist weiterhin unakzeptabel hoch und durch die Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen bedroht, so das Centers for Disease Control in den USAiv, dass zudem berichtet, dass mehr als 2,8 Millionen antibiotika-resistente Infektionen jährlich in den USA auftreten und über 35.000 Menschen in Folge daran sterben. Diese Problematik – ebenso wie die Risiken für medizinische Fachkräfte durch Stichverletzungen – hat zu einer strikten Einwegkultur bei vielen invasiven Medizinprodukten sowie zu verbindlichen gesetzlichen Regelungen in den USA und Europa geführt. Das Spannungsfeld zwischen Patientensicherheit und Nachhaltigkeit ist deshalb herausfordernd.

Die Dimension des Problems

Am Umfang des Umweltproblems im Gesundheitssektor gibt es allerdings keine Zweifel. Das US-Gesundheitssystem verursacht 10 % der landesweiten CO2-Emissionen und 9 % der schädlichen, nicht-Treibhausgas-Luftschadstoffev. Außerdem stiegen die Emissionen dort zwischen 2006 und 2016 um 30 %vi. Die Gesundheitssysteme der USA, Australien, Kanada und England stoßen zusammen jährlich etwa 748 Millionen Tonnen Treibhausgase aus, mehr als alle Länder weltweit mit Ausnahme von sechsvii. In Europa wurde in den vergangenen zwanzig Jahren ein rechtlicher Rahmen geschaffen, um diese Entwicklung zu steuern. Europäische Standards wie die Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Richtlinie (WEEE), Beschränkung gefährlicher Stoffe (RoHS), Chemikalienverordnung (REACH) und die Richtlinie über energieverbrauchsrelevante Produkte (EuP) haben die Produktionsprozesse, spezielle Kennzeichnungspflichten, Entsorgungsauflagen und Anleitungen für das Lebensende und Recycling medizinischer Produkte stark beeinflusst. Zwar sind viele Medizinprodukte derzeit von diesen Regelungen ausgenommen, aber mehrere Richtlinien, darunter RoHS und WEEE, werden aktuell überprüft und könnten künftig Anwendung finden. Zudem werden viele Geräte in unserer digitalisierten Welt immer “smarter” und fallen somit unter die Vorgaben für elektronische Komponenten. Europa bleibt auch für US-Hersteller ein wichtiger Markt, sodass der dortige Druck viele Unternehmen veranlasst, schon jetzt WEEE und RoHS zu erfüllen. Darüber hinaus halten viele Beobachter strenge Umweltregulierungen und/oder neue Gesetze in den USA für unausweichlich.

Das wirtschaftliche Potenzial der Nachhaltigkeit

Ein großer Teil des US-Gesundheitswesens, einschließlich großer Krankenhäuser und Einkäuferverbände (GPOs), hat erkannt, dass nachhaltige Beschaffungspraktiken langfristig tatsächlich Kosten senken können. Es ist wichtig, dass verantwortungsvolles Handeln auch wirtschaftlich Sinn ergibt, denn historisch gesehen werden Maßnahmen erst dann zur Routine, wenn beides zusammenfällt. Ein Zeichen echten Wandels sind die zahlreichen GPOs, die inzwischen Senior Directors of Environmentally Preferred Sourcing beauftragen und so die Umsetzung nachhaltiger Einkaufspolitik vorantreibenviii.

Die Verbrennung medizinischer Abfälle war traditionell ein Mittel, um deren Volumen zu reduzieren und Bio-Gefahrenstoffe zu vernichten. Dieser Prozess führt allerdings zu Umweltbelastung durch die Freisetzung von Distickstoffoxid sowie bekanntermaßen krebserregenden Stoffen wie polychlorierten Biphenylen, Furanen und Dioxinenix. Die Exposition gegenüber diesen Substanzen steht in Verbindung mit Schädigungen der Körperfunktionen bei Erwachsenen und Föten sowie mit Versauerung von Böden und Ozeanen. Die Umstellung von Verbrennung auf Recycling hat also einen breiten gesellschaftlichen Nutzen und senkt Schäden für Menschen und Umwelt, was sich volkswirtschaftlich bemerkbar macht. Eine Steigerung der Recyclingquoten – insbesondere bei Kunststoffen – ist daher besonders erstrebenswert. Wo dies nicht möglich ist, geben europäische Regularien strenge Emissionsgrenzen für Verbrennungsanlagen vorx. Zudem kommen ausgefeilte Filtersysteme in den Anlagen zum Einsatz, um giftige Dämpfe aus der Luft herauszufiltern.

Herausforderungen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit

Das Medizintechnik-Segment sieht sich damit konfrontiert, dass rund 90 % des Abfalls aus Einwegprodukten oder Einwegkomponenten besteht. Es ist zwar einfach zu fordern, die Anzahl weggeworfener Komponenten zu reduzieren. Doch, wie bereits ausgeführt, stehen dem häufig Sicherheitsstandards entgegen. Hinzu kommt, dass das Geschäftsmodell der Branche berücksichtigt werden muss, um einen wirtschaftlich tragfähigen Wandel zu gewährleisten und die Versorgungssicherheit beizubehalten. Viele Hersteller erzielen den Großteil ihres Umsatzes mit Einwegprodukten oder -teilen. Dieses Geschäftsmodell wird nicht zuletzt durch die Risiken gefährlicher medizinischer Abfälle, biologischer Kontaminationen sowie die hohen Kosten für Produktsterilisation und -aufbereitung gestützt.

Sterilisation – scheinbar ein einfacher Weg zur Wiederverwendung – erweist sich häufig als ökologisch wenig nachhaltig, auch bei größeren Geräten. Ein Beispiel aus der Biopharmaindustrie: Eine Studie in BioProcess International hat ergeben, dass der Energieverbrauch einer Edelstahlanlage zur Verarbeitung pharmazeutischer Pulver, inklusive Reinigung und Sterilisation, bei 8.018 Megajoule (MJ) lag. Dem gegenüber stand die Herstellung und Entsorgung von Einweggeräten mit 4.156 MJ. Daraus geht hervor, dass Einwegsysteme insgesamt umweltfreundlicher sind, auch wenn dabei mehr Abfall entsteht, da die Energie für den Unterhalt wiederverwendbarer Systeme enorm ist. Besonders im Gesundheitswesen sind gängige Sterilisationsmethoden – etwa mit Glutaraldehyd oder Ethylenoxid – nicht nur umweltschädlich, sondern unterliegen auch strengen Entsorgungsauflagen. Daher setzen viele Kliniken und Hersteller mittlerweile auf weniger toxische Methoden wie Wasserstoff-Plasmaxi.

“Der Wechsel zu alternativen Materialien ist kein einfacher Prozess. Biologisch abbaubare Werkstoffe benötigen oft einen Katalysator für den Abbau – zum Beispiel Bedingungen im Autoklaven oder Kontakt mit Salzwasser. Fehlen diese, ist es schwierig, die Leistungsfähigkeit eines Produkts im Feld zu überprüfen, denn Chargenschwankungen und Lagerungsbedingungen können den Abbau zu unterschiedlichen Zeiten auslösen. So müssen biologisch abbaubare Materialien, die unter Normalbedingungen zerfallen, oft vor Gebrauch luftdicht geschützt werden – was meist nur mit nicht abbaubaren Polymeren zu erreichen ist.” – Toby Cowe, Technology Development Group Manager R&D, Owen Mumford

Nachhaltigkeitstrends in der Medizintechnik

Auch wenn die Hürden für nachhaltiges Produktdesign in der Medizintechnik erheblich erscheinen, ist dennoch vieles möglich. Es ist absehbar, dass die Branche zunehmend von Regierungen und Aufsichtsbehörden gefordert sein wird, die Balance zwischen Produktnachhaltigkeit, Patientensicherheit und Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Viele Unternehmen legen inzwischen Umweltberichte vor, um Fortschritte transparent zu machen. Zunehmend werden Umweltkriterien auch bei Ausschreibungen berücksichtigtxii. Die Weltgesundheitsorganisation sagt dazu: “Das Einkaufsvolumen der Gesundheitssysteme als Hebel für positive Umweltwirkungen einzusetzen, und die Lieferanten zu nachhaltiger Produktion zu bewegen, hat großes Veränderungspotenzialxiii.”

Welche konkreten Nachhaltigkeitsaspekte setzen führende Hersteller also bereits um, um ökologische Beiträge zu leisten und dabei alle Vorschriften zum Schutz von Patienten und Fachpersonal zu beachten? Hier finden Sie drei zentrale Ansätze:

Recyclingfähigkeit

Beim Stichwort Recyclingfähigkeit stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: Kann ein Produkt sicher und effektiv wiederverwendet werden? Und können die eingesetzten Materialien aufbereitet und erneut genutzt werden – im Medizinbereich oder andernorts? Wie zuvor erläutert, gehen mit einer Wiederverwendung Sicherheitsbedenken und Probleme hinsichtlich des ökologischen Gesamteffekts der Sterilisation einher. Die Medical Device Regulation sowie nationale Vorschriften wie die der MHRA machen klar, dass ein recyceltes Produkt allen Anforderungen und Zulassungsprozessen entsprechen muss wie ein Neuprodukt. Weitere Entwicklungen sind hier zu erwarten. Im August 2019 beendete die Europäische Kommission die Konsultationsphase für Anforderungen an die Wiederaufbereitung von Einwegprodukten – wobei Ergebnisse erst nach der Bewältigung der Pandemiefolgen vorliegen werden.

Was recyclingfähige Materialien betrifft, ist schon jetzt einiges möglich. PVC zum Beispiel kann mehrfach recycelt werden, ohne seine wesentlichen Eigenschaften einzubüßen. Auch wird verstärkt mit leichter recycelbaren Kunststoffen wie erneuerbarem Polyethylen und Polyethylenterephthalat (PET) gearbeitet. Damit Recyclingkreisläufe wirklich funktionieren, müssen Programme zur Rückführung von Materialabfällen aus Kliniken oder von Patienten etabliert werden – was komplex, aber sehr lohnend sein kann: Laut Healthcare Plastics Recycling Council entstehen pro Jahr rund eine Million Tonnen sauberer, nicht infektiöser Kunststoffabfälle im Gesundheitswesenxiv. Auch beim Recycling selbst gibt es Fortschritte. Neue Monomer-Extraktionsverfahren erlauben, Kunststoffe in ihre Bausteine zurückzuführen. Sollte sich diese Technik durchsetzen, wären manche Kunststoffe praktisch unbegrenzt recycelbar – ohne Leistungseinbußenxv.

Auch die Verpackung spielt beim Recycling eine wichtige Rolle. Manche Hersteller reduzieren das Verpackungsvolumen, indem sie geschlossene Schalen statt Beutel einsetzen. Andere verringern die Anzahl der Einzelteile insgesamt, etwa durch das Lasergravieren von Anleitungen direkt auf die Verpackung, sofern dies zulässig istxvi. Ebenso wird an schneller abbaubaren Kunststoffen gearbeitetxvii. Und die Einbindung logistische Anforderungen schon bei der Verpackungsentwicklung – etwa zur Optimierung des Transports bei Kühlketten – hilft, den Energieverbrauch weiter zu senkenxviii.

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Nachhaltige Veränderungen bei Materialien & Design pharmazeutischer Verpackungen

Frage: Welche Änderungen haben Sie bereits am Design und an den Materialien der pharmazeutischen Verpackung umgesetzt, um eine nachhaltigere Alternative zu bieten? (Bitte wählen Sie alle zutreffenden Optionen aus)

Grundlage: Alle Befragten; Mehrfachantworten möglich (n=166). 1Sonstige umfasst: Verbesserte nicht reaktive Materialien; Mehr wiederverwendbare und biologisch abbaubare Komponenten; Neue Verabreichungsformen; und Schulungen zu kritischem Denken über Nachhaltigkeit mit unterschiedlichen Gruppen von Gesundheitsfachkräften
Owen Mumford Pharmaceutical Services, in Zusammenarbeit mit Pharma Intelligence, Injectable Combination Products. August 2020.

Nachhaltige Fertigung

Hersteller von Medizinprodukten können viel zur nachhaltigen Entwicklung ihrer Fertigungsprozesse beitragen – mit positiven Umweltauswirkungen, die das Unternehmen gegenüber der Beschaffungskette darstellen kann. Weniger Wasserverbrauch, energieeffiziente Prozesse, optimierte Logistik und die Reduzierung umweltschädlicher Chemikalien sind Beispiele für Schwerpunkte, denen Hersteller heute Aufmerksamkeit schenkenxix. Hersteller arbeiten mit Gesundheitsdienstleistern zusammen, um Verbesserungsmaßnahmen über Organisationen wie die Sustainable Healthcare Coalition im Vereinigten Königreich zu ermitteln, zu dokumentieren und zu messen – ebenso wie an gemeinsamen Projekten für nachhaltig gestaltete Patientenpfade direkt im Gesundheitssystem.

Energieeffizienz ist ein entscheidender Faktor für einen nachhaltigeren Herstellungsprozess von Medizinprodukten, weil sie nicht nur die CO2-Emissionen direkt beeinflusst, sondern auch unmittelbare Kosteneinsparungen ermöglicht. Insgesamt werden Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit oft durch ersparte Energiekosten der Zukunft finanziert.

Produktivitätssteigerungen, die durch den Einsatz neuer Fertigungstechnologien erreicht werden, sind oftmals nicht nur energieeffizienter, sondern reduzieren außerdem Abfall und verkürzen die Markteinführungszeit. Ein gutes Beispiel ist die Nutzung des 3D-Drucks für die Entwicklung und Erprobung von Prototypen. So kann beispielsweise schneller eine optimale Form entwickelt werden, wodurch sowohl Usability-Tests als auch eine Optimierung der Produktionsparameter zur Minimierung des Materialeinsatzes und Maximierung der Produktivität möglich wird. Ein weiteres Beispiel ist der Einsatz von „Digital Twin“-Produktionssoftware, bei der Inline-Sensoren genutzt werden, um ein virtuelles, nahezu in Echtzeit aktualisiertes Abbild der Fertigung zu erzeugen. Dadurch können Produktionsverbesserungen entwickelt, getestet und umgesetzt werden, ohne den laufenden Betrieb tatsächlich zu unterbrechen. Das Ziel ist hierbei, eine Fertigung mit nahezu null Fehlern zu erreichen und somit Abfall weiter zu reduzieren.

„Owen Mumford hat zahlreiche Veränderungen vor Ort vorgenommen, damit unsere gesamte Energie aus sauberen, erneuerbaren Quellen stammt. Wir untersuchen zudem eine breite Palette von Materialien und Additiven, die die für die Verarbeitung zum Endprodukt benötigte Energie reduzieren können. Biobasierte Materialien können das während der Verarbeitung entstandene CO2 kompensieren, da die Monomerquelle während des Wachstums CO2 bindet. Es gibt immer mehr Quellen für biobasierte Monomere, beispielsweise aus Holzfaser oder Zuckerrohr. Dennoch muss bei der Wahl des passenden Materials für ein Bauteil immer der gesamte Produktlebenszyklus betrachtet werden. Zum Beispiel können biologisch abbaubare Kunststoffe bei der Verbrennung Methan freisetzen und Recyclingströme verunreinigen … und Methan hat eine 25-mal stärkere Auswirkung auf die Kohlenstoffemissionen als CO₂.“ – Toby Cowe, Technology Development Group Manager R&D, Owen Mumford

Nachhaltigkeit durch Design

Viele der wichtigsten Prinzipien eines nachhaltigen Produktdesigns beginnen mit dem Verständnis und der Entwicklung eines Produktlebenszyklus und gehen über das bloße Produkt hinaus – das heißt, von der Konzepterstellung über Materialauswahl, Design und Technik, Fertigung, Verpackung, Transport, Verkauf, Nutzung bis zur Entsorgung von Anfang an alles zu berücksichtigen. Solche Ansätze werden bereits zur Verbesserung der Effizienz in der Fertigung, zur Verkürzung der Markteinführung, zur Risikoreduzierung, für Sicherheit und regulatorische Anforderungen sowie zur Kostensenkung bei Verpackung und Transport genutzt. Es geht darum, die bestehenden Methoden zu erweitern, indem sie auch Energieeffizienz, Umweltauswirkung, Materialeinsatz und Recycling einbeziehen. In einzelnen Aspekten werden ökologische Faktoren von bestehenden Qualifikationsanforderungen der FDA und EMA bereits abgedeckt – etwa durch Rückverfolgbarkeit, Materialsicherheit/-wirksamkeit oder die Entsorgung. Ebenso zielen LEAN-Produktionsmethoden darauf ab, Ineffizienzen bei Überproduktion, Wartezeiten, Transport, Verarbeitung, Lagerung, Bewegung und Ausschuss zu reduzieren.

„Designentscheidungen bei Medizinprodukten können erheblichen Einfluss auf den CO2-Fußabdruck von Therapien haben. Zudem ist es mit der richtigen Weichenstellung in der Entwurfsphase möglich, die Menge an Einwegkunststoff pro Behandlung zu reduzieren, ohne Sicherheit und Bedienbarkeit zu beeinträchtigen.“ – Toby Cowe, Technology Development Group Manager R&D, Owen Mumford

Darüber hinaus können zahlreiche spezifische Nachhaltigkeitsaspekte in die Produktentwicklung und das Engineering einfließen. Zum Beispiel wirkt sich eine einfache Zerlegbarkeit stark auf die Recyclingkosten und -möglichkeiten aus; die Optimierung und Vereinfachung von Gerätengröße sowie reduziertes Verpackungsvolumen senken Abfälle und Transportaufwand; die Harmonisierung von Rohstoffen und Fertigungsmethoden über verschiedene Produkte hinweg spart Kosten und Müll und eröffnet gleichzeitig eine flexiblere Fertigung. Für Einwegprodukte gilt: Die Auswahl von Materialien, die bei der Entsorgung und Verbrennung weniger Umweltschäden verursachen, reduziert Luftschadstoffe und senkt die Abfallkosten.

„Regulatorische Vorgaben für den Umgang mit medizinischen Abfällen in den Zielmärkten bestimmen auch die Auswahl der Einwegmaterialien (biobasierte für Märkte mit Verbrennung, biologisch abbaubare für Deponiemärkte). Das Wissen um das Nutzungsverhalten der Anwender hilft außerdem dabei, die robustesten, am besten wiederverwendbaren Produkte mit maximalem Recyclingpotenzial auszuwählen.“ – Toby Cowe, Technology Development Group Manager R&D, Owen Mumford

Die Realität ist derzeit, dass die meisten Geräte – insbesondere parenterale oder andere invasive Produkte – ein Einweg-Element behalten müssen, um regulatorischen Anforderungen an Sicherheit und Hygiene zu entsprechen. Die Kunst besteht aber darin, eine minimale Einwegkomponente in eine dauerhaft wiederverwendbare „Hülle” zu integrieren. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Produkte (was enorme Vorteile für die Therapie und die Betreuung von Patienten aus der Ferne sowie sicheres Selbstmanagement bietet) müssen wirtschaftliche Überlegungen Innovationen in diese Richtung vorantreiben. Einweg-Elektronik ist aus Kostengründen schlicht nicht darstellbar und – wie bereits erwähnt – auch aus Entsorgungsgründen nicht akzeptabel. Daher muss das Design darauf ausgerichtet sein, eine einfache, reproduzierbare Schnittstelle zwischen beiden Komponenten zu schaffen, ohne Funktionalität und Effizienz zu beeinträchtigen.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an pharmaservices@owenmumford.com

References

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