Burnout ist derzeit ein viel verwendeter Begriff, aber was bedeutet er genau? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Burnout als arbeitsbedingtes Phänomen oder Syndrom: “chronischer arbeitsplatzbedingter Stress, der nicht erfolgreich bewältigt wurde”1. Laut WHO gehören zu den Symptomen:
- Gefühl von Energielosigkeit oder Erschöpfung
- Wachsende innere Distanz zur eigenen Arbeit oder Gefühle von Negativität oder Zynismus in Bezug auf die Arbeit
- Verminderte berufliche Leistungsfähigkeit
Warum Burnout im Gesundheitswesen besonders gravierend ist
Es ist bekannt, dass die heutigen Gesundheitsfachkräfte unter enormem und noch nie dagewesenem Druck stehen. Die steigenden Burnout-Raten im Sektor sind keine Überraschung und tatsächlich handelt es sich um ein langjähriges Problem. Gesundheitsfachkräfte berichten bereits seit Jahren in verschiedenen Studien über Symptome von Burnout, und das schon vor der COVID-19-Pandemie.2
Nach der WHO-Definition bedeutet das, dass Arbeitsstress und Erschöpfung die Fähigkeit von Gesundheitsfachkräften beeinträchtigen können, Patienten zu behandeln, und das Risiko von medizinischen Fehlern steigt — das sollte auch für Patienten Anlass zur Sorge sein. Gibt es aber stichhaltige Belege, dass Burnout die Patientenversorgung tatsächlich beeinträchtigt? Laut einem wichtigen Forschungsbericht unter Leitung von Dr. Alexander Hodkinson, der kürzlich im British Medical Journal (BMJ)3 veröffentlicht wurde, ist die Antwort ein sehr beunruhigendes “Ja”.
Burnout breitet sich rasant aus
Der Hodkinson-Bericht fasst 170 frühere Beobachtungsstudien zu den Zusammenhängen zwischen Burnout bei Ärztinnen und Ärzten, deren beruflichem Engagement und der Qualität der Patientenversorgung zusammen. Die ausgewerteten Studien basieren auf den Erfahrungen von 239.246 Ärztinnen und Ärzten in den USA, dem Vereinigten Königreich sowie in Afrika und Asien.
Die Auswertung zeigt, dass sich Burnout weltweit ausbreitet und mit geringerer beruflicher Bindung sowie möglichen Auswirkungen auf die Versorgungsqualität einhergeht. Mehrere Ergebnisse beziehen sich konkret auf das Vereinigte Königreich.
Die aktuelle, im Juli 2022 veröffentlichte Jahresumfrage des General Medical Council unter britischen Ärztinnen und Ärzten in der Weiterbildung basiert auf Antworten von mehr als 67.000 Gesundheitsfachkräften. Das Ergebnis: “Das Risiko für Burnout ist derzeit so hoch wie nie zuvor”, seitdem dies 2018 zum ersten Mal erfasst wurde4. Zwei Drittel der Befragten gaben gegenüber dem medizinischen Regulator an, dass sie sich am Ende ihres Arbeitstags “immer” oder “häufig” ausgelaugt fühlen, 44 Prozent fühlen sich regelmäßig schon am Morgen “erschöpft bei dem Gedanken an einen weiteren Arbeitstag”.
In einer weiteren aktuellen Umfrage der UK Medical Defence Union (MDU)5 gaben sechs von zehn Befragten an, dass sich ihre Schlafgewohnheiten während der Covid-19-Pandemie verschlechtert hätten. Zu den Nebenwirkungen des Schlafmangels zählen laut Ärztinnen und Ärzten Konzentrationsprobleme (64 Prozent), Schwierigkeiten bei Entscheidungen (40 Prozent), Stimmungsschwankungen (37 Prozent) sowie psychische Probleme (30 Prozent). Diese negativen Auswirkungen können die Fähigkeit zur Patientenversorgung beeinträchtigen oder zu Beinahe-Zwischenfällen führen.
Nachgewiesene Auswirkungen von Burnout auf die Patientensicherheit
Wie stark sind die Belege dafür, dass Burnout nicht nur Ärztinnen und Ärzte, sondern auch Patienten schadet? In der MDU-Umfrage wurden von den Befragten fast 40 Beinahe-Zwischenfälle sowie sieben Fälle genannt, in denen Patienten tatsächlich Schaden erlitten5.
Zudem stellt der Hodkinson-Bericht fest, dass Medizinerinnen und Mediziner mit Burnout doppelt so häufig wie Kolleginnen und Kollegen ohne Burnout in Zwischenfälle mit Patientensicherheit verwickelt sind. Außerdem zeigen sie geringeres berufliches Engagement und werden von den Patienten häufiger schlechter hinsichtlich der Versorgungsqualität bewertet.
Burnout führt also tatsächlich zu einer verminderten Versorgungsqualität, vor allem in der Akutversorgung. Dies betrifft insbesondere Notaufnahmen und Intensivstationen — also Bereiche, in denen Patienten meist besonders verletzlich sind3.
Ein Anstieg von Nadelstichverletzungen als Symptom von Burnout
Mit der Zunahme von Burnout, insbesondere seit COVID-19, ist es kein Zufall, dass Nadelstichverletzungen bei Gesundheitsfachkräften häufiger werden.
Eine Umfrage des Royal College of Nursing (RCN) aus dem Jahr 20216 ergab, dass 15 Prozent der 7.571 Teilnehmenden im Jahr 2020 eine Nadelstichverletzung erlitten hatten und solche Verletzungen seit der letzten Umfrage 2008 um 50 Prozent gestiegen sind. Gründe hierfür sind laut RCN unter anderem Personalmangel, fehlende Schulungen und pandemiebedingte Erschöpfung.
Wenn wir Burnout nicht verringern können, muss die Sicherheit erhöht werden
Es ist offensichtlich, dass die Auswirkungen von Burnout im medizinischen Bereich wie Müdigkeit und niedrige Moral kurzfristig nicht verschwinden werden, insbesondere solange die COVID-19-Pandemie andauert. Der Anstieg von Nadelstichverletzungen, den das RCN meldet, ist nur ein Beispiel für diese Folgen. Das unterstreicht, wie wichtig es ist, die Sicherheit von Beschäftigten und Patienten in den Vordergrund zu stellen. Der RCN-Bericht empfiehlt, sicherere Nadel-Produkte zur Verfügung zu stellen6, und Hersteller von Medizinprodukten stehen in der Verantwortung, sichere und praxisgerechte Produkte zu entwickeln, die sowohl HCPs als auch Patienten unterstützen.
Die Bedeutung von Innovation im Gesundheitswesen
Als führender Hersteller von Medizinprodukten für die Blutabnahme, Point-of-Care-Tests und Arzneimittelverabreichung sind wir überzeugt, dass Innovation eine entscheidende Rolle spielt, um sowohl Beschäftigte als auch Patienten bestmöglich zu schützen. Innovative Ideen, neue Materialien und durchdachtes Design können dabei helfen, die Sicherheit am Arbeitsplatz für Gesundheitsfachkräfte, besonders in Stresssituationen, zu erhöhen. Sie tragen darüber hinaus zu verbesserten klinischen Erfahrungen und mehr Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen bei.
Wie Tracey Sainsbury, Group Product Manager, sagt: “Wir sind fest davon überzeugt, dass wir mit Lösungen, die den Schutz von Gesundheitsfachkräften sicherstellen und klinische Abläufe verbessern, dazu beitragen können, den Druck zu verringern – damit sie die bestmögliche Versorgung für ihre Patientinnen und Patienten bieten können.”
Referenzen
1. https://www.who.int/news/item/28-05-2019-burn-out-an-occupational-phenomenon-international-classification-of-diseases
2. Lee RT, Seo B,, Hladkiyi S, Lovell BL, Schwartzmann L. Correlates of physician burnout across regions and specialities: a meta-analysis. Hum Resour Health 2013, 11:doi:10.1186/1478 – 4491.11 – 48 pmid: 24074053.
3. Hodkinson A, Zhou A, Johnson J et al Associations of physical burnout with career engagement and quality of patient care, systematic review and meta-analysis. BMJ 2022: 378: e070442.
4. General Medical Council, National Training Survey 2022 results.
5. https://www.themdu.com/press-centre/press-releases/sleep-deprived-doctors-concerned-about-patient-safety.
6. https://www.rcn.org.uk/news-and-events/press-releases/pressures-of-pandemic-and-lack-of-training-see-rise-in-sharps-injuries